Schmetterling-Naturselbstdruck und Kalenderstein | Objektgeschichten der DHM-Ausstellung „Wilhelm und Alexander von Humboldt“
Schmetterling-Naturselbstdruck
Bereits in seiner Kindheit sammelte Alexander von Humboldt im ländlichen Tegel Insekten und Pflanzen, um die Natur kennenzulernen und in ein Ordnungsgefüge zu bringen. Farbe und Textur von organischem Material verändern sich allerdings im Laufe der Zeit. Sogenannte Naturselbstdrucke waren eine Möglichkeit, Flora und Fauna dauerhaft abzubilden.
Die hier gezeigten Papierblätter sind in Deutschland vermutlich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden. Sie sind mit Gummi arabicum beschichtet, das im subsaharischen Afrika aus Bäumen gewonnen wird. Die Flügel von Schmetterlingen wurden auf die klebrige Oberfläche des Papiers gedrückt, um die farbigen Schuppen und die genauen Umrisse der Tiere auf das Papier zu übertragen. Anschließend kolorierte man die Abdrücke per Hand.
Ob Alexander von Humboldt in seiner Kindheit Schmetterlinge auf diese Art und Weise abbildete, wissen wir nicht. Belegt ist jedoch, dass er als Forschungsreisender später eine ganze Reihe von Naturselbstdrucken herstellte. Die Blätter zeigen damit, welche Methoden zu Lebzeiten Humboldts zum Sammeln und Dokumentieren angewandt wurden. Die präzise wissenschaftliche Darstellung und Vermessung möglichst aller Phänomene der Welt gewann Anfang des 19. Jahrhunderts immer mehr an Bedeutung.
Kalenderstein
Im Jahr 1790 entdeckten Arbeiter bei Planierungsarbeiten an der Plaza Mayor in Mexiko-Stadt einen fast vier Meter großen, kreisförmigen Sonnenstein aus der Zeit des Aztekenreichs. Auf Geheiß des spanischen Vizekönigs wurde dieser am Westturm der am Platz gelegenen Kathedrale aufgestellt. Bald darauf erblickte ihn dort Alexander von Humboldt dort. Auf Grundlage von Recherchearbeiten neuspanischer und europäischer Antiquare konnte Humboldt den Stein in seinem Werk über die Monumente der indigenen Völker Amerikas als aztekischen Kalenderstein identifizieren und beschreiben. Er gab Humboldt Anlass für umfangreiche vergleichende Ausführungen zu alten Kalender- und Tierkreissystemen in Amerika, Asien, Afrika und Europa.
Im 19. Jahrhundert wurde der Sonnenstein zum bekanntesten Relikt der aztekischen Kultur. Während eines Aufenthalts in Mexiko ließ der englische Silberschmied, Forscher und Antiquitätenhändler William Bullock 1822 diese und andere aztekische Großskulpturen in Gips nachbilden, um sie in der Londoner Egyptian Hall zu zeigen. Erhalten ist heute nur noch ein Teilstück der Replik. Dieser innere Kreis des originalen Sonnensteins zeigt den Sonnengott Tonatiuh mit weit herausgestreckter Zunge. Während die grau bemalte Nachbildung mittlerweile in der Abteilung Weltkulturen des schottischen Nationalmuseums aufbewahrt wird, ist der Originalstein heute ein zentrales Exponat der aztekischen Sammlung des mexikanischen Nationalmuseums für Anthropologie.
Objektgeschichten
Deutsches Historisches Museum
Ausstellung „Wilhelm und Alexander von Humboldt“ (21.11.2019 – 19.04.2020)