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Sämtliche Schriften digital – Alexander von Humboldts Publizistik als erweiterte Digitalausgabe

Gastbeitrag von Dr. Thomas Nehrlich, Universität Bern; Kontakt: thomas.nehrlich@unibe.ch

Alexander von Humboldt war lange Zeit vor allem als Autor umfangreicher Bücher bekannt. Neben Großwerken wie der Voyage aux régions équinoxiales du Nouveau Continent (29 Bände) und dem Kosmos (5 Bände) verfasste er aber auch ein umfangreiches publizistisches Œuvre: Zwischen 1789 und 1859 publizierte er in Zeitungen und Zeitschriften gut 750 Aufsätze, Artikel und Essays. Sie machten einen großen Teil seiner internationalen Rezeption und seiner Wirkung aus, zu seinen Lebzeiten wurden sie in rund 3600 Fassungen in 15 Sprachen in 1200 Publikationsmedien an über 420 Orten weltweit gedruckt. Sie erschienen in renommierten Medien (z. B. in der New York Times, der Neuen Zürcher Zeitung und Schillers Horen), leisten Beiträge zu diversen Forschungsgebieten (von der Anthropologie über die Mathematik bis zur Sinologie), berichten von seinen Expeditionen (nach Amerika und nach Asien), nehmen Stellung zu politischen und ökonomischen Themen (Kolonialismus, Sklaverei, Welthandel, Panama-Kanal), entwerfen wissenschaftliche Programme und haben, nicht zuletzt, ästhetische Qualitäten.

Dieser andere »Kosmos« Alexander von Humboldts wurde 2019 in der 10-bändigen Ausgabe der Sämtlichen Schriften erstmals erschlossen (herausgegeben von Oliver Lubrich und Thomas Nehrlich). Seit Ende 2021 ist das Corpus nun außerdem in einer erweiterten Digitaledition frei zugänglich: https://humboldt.unibe.ch/text. Diese Online-Ausgabe stellt von allen Textzeugen XML-Transkriptionen (TEI-P5) und Lesefassungen sowie umfassende bibliographische Metadaten in einer Web-Ansicht und zum Download zur Verfügung (unter der Lizenz CC-BY-SA 4.0). Illustrationen werden als hochauflösende Bilddigitalisate bereitgestellt. Die Texte und Metadaten sind mit einer intelligenten Volltextsuche vollständig erfasst. Eine Übersicht über die Funktionen und Bestandteile der Digitalausgabe bietet die Dokumentation.

Abb. 1: Startseite »Sämtliche Schriften digital« mit Volltextsuche und Corpus-Bibliographie
Abb. 2: Textanzeige mit einer Lesefassung (Mitte, mit aufgelöstem Zeilenfall), bibliographischen Informationen und Verweisen auf weitere Fassungen (links)

 

Darüber hinaus bietet die Digitalausgabe zahlreiche Werkzeuge zur Erschließung und Erläuterung von Humboldts Schriften an: eine thematische Einführung, einen editorischen Bericht, Glossare (zu Maßen, Instrumenten und Medien, Quellen und Publikationsorganen), Transversalkommentare zu übergreifenden Fragestellungen und Themen sowie rund 130 Übersetzungen aller nie auf Deutsch erschienen Texte.

Abb. 3: Die Erschließungswerkzeuge der Digitaledition

Die Digitaledition ist Teil einer Online-Plattform für die Alexander-von-Humboldt-Forschung, die an der Universität Bern eingerichtet wurde. Sie bietet umfangreiche Informationen, Ressourcen und Materialien zu Humboldts Werk, zum Beispiel bibliographische Verzeichnisse seiner Buchwerke, Briefkorrespondenzen und Tagebücher sowie der seit dem 19. Jahrhundert erschienenen Biographien. Eine Bilder-Datenbank versammelt die von Humboldt veröffentlichten Illustrationen und verlinkt die Zeichnungen aus seinem Nachlass mit hochauflösenden Digitalisaten. Zahlreiche Forschungsbeiträge werden open access zur Verfügung gestellt.

Mein Leben sucht in meinen Schriften!

So soll Humboldt denen geantwortet haben, die eine Lebensbeschreibung von ihm erwarteten (Zitiert u. a. bei Hermann Klencke, Alexander von Humboldt. Ein biographisches Denkmal, Leipzig: Otto Spamer 1851, S. VII). Eine Autobiographie hat Humboldt nie verfasst. Aber seine Schriften enthalten – neben Forschungsergebnissen und politischen Beiträgen – zahllose biographische Angaben, zum Beispiel zu wissenschaftlichen Kontakten, Reisen und den physiologischen Experimenten seiner Jugend. Die Auswertung all dieser Informationen in den Aufsätzen und Artikeln, die lange Zeit wenig zugänglich waren, steht noch am Beginn. Mit der Digitalausgabe von Humboldts Sämtlichen Schriften hat sie nun ebenso eine Grundlage wie Untersuchungen etwa im Bereich der Korpuslinguistik, der vergleichenden Klima- und Biodiversitätsforschung und der historischen Medienwissenschaft.

Eine ausführlichere und anschauliche Vorstellung der Hybrid-Edition und insbesondere der digitalen Elemente (Aufbau, Bestandteile, Funktionsweise) bietet ein Vortrag von Thomas Nehrlich:

Vortrag zur Digitalausgabe der Sämtlichen Schriften von Thomas Nehrlich auf YouTube, https://youtu.be/eWD7HMcRuWY.

Christian Thomas

http://www.bbaw.de/die-akademie/mitarbeiter/thomas

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