16.11.-17.11.2012, Symposium: „Herrschaft. Legitimation. Wissen. Preußen und die Debatten um die »Neue Welt«“, Potsdam
„Berliner Debatte“ zur Kolonialisierung der „Neuen Welt“
Um „Herrschaft. Legitimation. Wissen. Preußen und die Debatten um die ,Neue Welt‘“ geht es am 16. und 17. November 2012 in einem internationalen Symposium an der Philosophischen Fakultät der Universität Potsdam. Im Zentrum steht die sogenannte „Berliner Debatte“. Wissenschaftler und Gelehrte diskutierten in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts im Berlin-Potsdamer Raum über das Recht der Europäer, im Glauben an den zivilisatorischen Fortschritt Völker zu kolonialisieren und zu beherrschen. Auf dem von den Romanisten Dr. Anne Kraume, Tobias Kraft und Vicente Bernaschina organisierten Symposium nehmen Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen diese historische Debatte in den Fokus und untersuchen ihre Bedeutung für aktuelle Entwicklungen der globalisierten Welt.
Die Entdeckung der „Neuen Welt“ führte nicht nur zu immer neuen Erkundungs- und Eroberungsfahrten und mithin zu einem Prozess der beschleunigten Globalisierung, sondern setzte auch einen langen Prozess des Nachdenkens und Forschens in Gang, der das bisherige Wissen über die Welt radikal in Frage stellte. Von diesen Herausforderungen zeugt die Debatte, die wir heute als den „Disput um die Neue Welt“ kennen. Mit dem „transnationalen“ Wettlauf um die Herrschaft der Gebiete in Übersee und angesichts der daraus resultierenden menschlichen Katastrophen – die Ausbeutung und Auslöschung ganzer Völker – diskutierten Gelehrte, Philosophen und Wissenschaftler in der Zeit der Aufklärung die Frage, inwiefern die Kolonialisierung und Unterdrückung anderer Völker gerechtfertigt sei. „In dieser Debatte“, so Tobias Kraft, „spielt die Gegend um Berlin und Potsdam eine besondere Rolle, da hier Akteure wie Friedrich der Große und dessen Bibliothekar Pernety, aber auch Cornelius de Pauw und Alexander von Humboldt Gedanken formulierten, die ein vielfältiges und komplexes Bild der Welt und ihrer Geschichte ermöglichten.“ Dr. Anne Kraume fügt hinzu: „Auf diese Weise konnte die sogenannte ,Berliner Debatte‘ die herrschende koloniale Ordnung und die daraus resultierende Interpretation der Welt teilweise kritisch hinterfragen.“
Das zweitägige Symposium hat sich zum Ziel gesetzt, mit Wissenschaftlern aus der Romanistik, Geschichte, Kulturwissenschaft und Germanistik eine erhellende Annäherung an die damalige Debatte zu fördern, um andere Blickwinkel zu entdecken und neue Beurteilungen zu ermöglichen. „Von den Erkenntnissen der damaligen Zeit erhoffen wir uns Einsichten in die aktuellen Probleme der beschleunigten Globalisierung“, betont Vicente Bernschina.
Die Hauptvorträge des Symposiums werden gehalten von Jorge Cañizares-Esguerra (Austin, TX), Wolfgang Reinhard (Freiburg/Erfurt) und Ottmar Ette (Potsdam).
Die Konferenzsprachen sind Deutsch und Englisch.
Programm
Freitag, 16.11. 2012
17.00-17.30 Begrüßung und Eröffnung (Vicente Bernaschina Schürrmann, Tobias Kraft, Anne Kraume)
17.30-18.50
Pablo Valdivia Orozco (Frankfurt/ Oder): Hypotheken des Wissens: José de Acosta und die Naturgeschichte
Vicente Bernaschina Schürmann (Potsdam): „Toda comparación es odiosa“ oder die Weltengeschichten der Menschheit. ´El inca Garcilaso´ und die französischen Übertragungen der ´Comentarios reales´.
18.50-19.15 Pause mit preußischen antojitos
19.15-20.15 KEYNOTE Jorge Canizares-Esguerra (Austin, TX)
Centers and Peripheries in the Dispute of the New World
Samstag, 17.11.2012
9.30-10.30 KEYNOTE Wolfgang Reinhard (Freiburg/Erfurt)
Universale Xenophobie. Die Konstruktion des Anderen in der Geschichte
10.30-11.00 Kaffeepause
11.00-13.00
Daniel Winkler (Innsbruck): ´Ces fiers géans, ces Ryrans de la Terre´. Gattungsästhetik, Herrschafts- und Zivilisationskritik in und um Voltaires ´Alzire, ou Les Américains´.
Claudia Terne (Berlin): Antimacchiavell oder Antiheld? Friedrich II. Librettoentwurf zur Oper ´Montezuma´. Zur Stoffgeschichte und zur Darstellung des Titelhelden durch den preußischen König.
Jens Häseler (Potsdam): Charles-Marie de La Condamines Amerika-Reise: Beobachtung und Darstellung
13.00-14.00 Mittagessen
14.00-16.00
Anne Kraume (Potsdam): ´Bibliothecas viajeras´. Wissenstransfer zwischen Europa und Amerika bei Francisco Javier Clavijero und Fray Servando Teresa de Mier.
Alix Winter (Potsdam/Versailles): Globale Reflexionen. Beziehungen zwischen Amerika und Europa in der ´Histoire des deux Indes´ von Raynal.
Karen Struve (Bremen): „à peu près de la taille des Européenes“. (Un-)Wissen und (Ohn-)Macht über den kolonialen Anderen in der ´Encyclopédie´ von Diderot und d´Alembert.
16.00-16.30 Kaffeepause
16.30-18.30
Gesine Müller (Potsdam/Dresden): Die ´Revue des colonies´: ein alternatives Transfermedium Neuer-Welt-Diskurse?
Tobias Kraft (Potsdam): Krise der Kategorien: Kulturdifferenz und Vergleich bei Alexander von Humboldt
Helmut Peitsch (Potsdam): Die neue Welt des 18. Jahrhunderts: Georg Forsters Australien
18:30-19:00 Vin d´honneur
19:00-20:00 SCHLUSSVORTRAG Ottmar Ette (Potsdam)
Die Berliner Debatte um die Neue Welt. Globalisierung im europäischen Kontext.
Termin und Ort
16.11.2012, 17:00-20:15 Uhr
17.11.2012, 9:30-20:00 Uhr
Universität Potsdam
Uni-Komplex Am Neuen Palais
Am Neuen Palais 10, 14469 Potsdam
Haus 12, Konferenzsaal
Veranstalter/ Institution:
Universität Potsdam. Institut für Romanistik.
Vicente Bernaschina, Tobias Kraft und Anne Kraume